Liebe Kolleginnen und Kollegen,
glücklicherweise sinken überall die Corona-Fallzahlen und das Fortschreiten der Impfkampagne in Haus- und Facharztpraxen gibt uns zunehmend Sicherheit. Persönlich glaube ich jedoch an eine vierte Welle im Herbst, da mit nachlassenden Inzidenzen der Impfdruck sinkt. Dann kommt die Ferienzeit, die Quote der Impfskeptiker ist bei uns zu höher als im übrigen Europa und wir habenzu wenig aufsuchende Impfaktionen in sozialen Brennpunkten. Ohne zusätzliche Anstrengungen erreichen wir bis zum Beginn der Infektsaison Anfang Oktober kaum 60% kompletten Corona-Impfschutz (2.Impfung +14 Tage). Bitte engagieren Sie sich alle in Ihren Praxen für die Impfkampagne!
Aktuell beschäftigen wir uns vorrangig mit diesen 2 Themen: 1. Das „Angebot“ des Bewertungsausschuss mit 90 Mio.€/100.000 Praxen (=900€/Praxis) die Hygienekosten incl. der Digitalisierungskosten als Einmalzahlung abzugelten, hat die KBV abgelehnt. Das ZI (Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung) hatte 2020 Hygienekosten von 24.287€ je Praxis (Durchschnitt aller Fachgruppen) errechnet. Der Schiedsspruch nach Prof. Wasem lautet jetzt: 98 Mio. für Hygienekosten, nicht abschließend und ohne Digitalisierungskosten. Das sind 980€/Praxis quer durch alle Fachgruppen. Wir werden jetzt die fachärztlich-internistischen Kosten herausstellen, wobei die Endoskopie einen besonders hohen Anteil hat. In der Vergangenheit haben wir Sie alle ermuntert, an den komplizierten ZI-Umfragen mit Steuerberatertestat mitzuwirken und tatsächlich liegen für unsere Fachgruppe gute und genügende Zahlen vor, die uns helfen können. Leider hat der Bund der niedergelassenen Gastroenterologen bng, in dem auch die meisten unserer endoskopierenden Mitglieder engagiert sind, zur Nichtteilnahme an den ZI-Umfragen aufgerufen. Damit fehlt uns leider ein starker Partner. Die Einzelbewertung unserer Endoskopie-Kosten ohne Berücksichtigung der Gastroenterologen durch die KBV ist schwer vorstellbar. Ich persönlich ziehe eine Strategie der kleinen Schritte und der kontinuierlichen Kooperation mit den Strukturen wie dem ZI einer Verweigerungshaltung gepaart mit Maximalforderungen vor. Wir werden aber auch selbst für Sie verhandeln.
2. Die neue internistische Musterweiterbildungsordnung der BÄK muss jetzt auf Länderebene umgesetzt werden. An der MWBO haben wir über viele Jahre als Verband mitgewirkt - ich erinnere ein erstes Treffen mit DGIM und BDI in Berlin, an dem 2010 unser 2. Vorsitzender Dr Lüdemann und ich teilnahmen. Für uns war stets das primäre Ziel, die bisher nicht mögliche ambulante Weiterbildung zu ermöglichen und das ist mit einer ambulanten Weiterbildungszeit von bis zu 24 Monaten gut gelungen. Das ist auch der Grund, warum ich für unseren Verband optimistisch bin: In den letzten Monaten habe ich einzelne junge Kollegen zur Weiterbildung oder Anstellung mit dem Ziel der Praxisübernahme vermitteln können, wir haben wieder Zuspruch jüngerer Kollegen. Ich war stets der Meinung, dass die internistische Weiterbildung in Hand der Niedergelassenen ein Schlüssel zum Erfolg und Erhalt von uns Generalisten ist. Die Innere Medizin auf 5 Jahre zu schrumpfen, ist schlecht, aber europäisch vorgegeben. Natürlich bleiben dabei Inhalte auf der Strecke. Kardiologie und Gastroenterologie sind die beiden zahlenmäßig größten Pole. Der „neue“ Internist muss 400 Echos erbringen, und darf diese auch in allen KVen erbringen. Der neue Internist und Gastroenterologe muss keine 400 Echos erbringen und darf diese auch in allen KVen nicht abrechnen, ist aber trotzdem auch Internist. Der neue Internist darf aufgrund seiner Zahlen echokardiografieren und gastroskopieren, aber nicht koloskopieren. Macht er später zusätzlich den Gastroenterologen, darf er koloskopieren, verliert aber das Echo. Sinn?An diesen Widersprüchlichkeiten werden wir ansetzen, um unsere Fachgruppe der Generalisten dauerhaft, auch z.B. zur flächendeckenden Versorgung auf dem Lande zu verankern und die MWBO in unserem Sinne fortzuentwickeln. Ziel muss sein: Wer kann, der darf. Das bedeutet aber: Zusätzlich zur Weiterbildungszeit müssen ggf. Untersuchungszahlen erbracht werden. die in der Regel-Weiterbildungszeit normalerweise nie erbracht werden könnten. Die Weiterbildungsordnung hat für uns aber noch viele Tücken, an denen wir auf Landes-ÄK und BÄK- Ebene arbeiten müssen.
Wir haben aber auch andere Nachrichten:
Alle Vorstandsmitglieder und viele andere haben über Jahre an der neuen GOÄ mitgewirkt. Von den internistischen Verbänden hat sich der BNFN besonders mit ausgleichender und konstruktiver Arbeit eingebracht –mehrere neue Abrechnungspositionen beruhen auf unseren Vorschlägen. Die Gebührenordnung ist gut und mit allen Kostenträgern konsentiert. Die Politik wird diese Gebührenordnung innerhalb der nächsten Legislatur verabschieden müssen, anderenfalls wird es Klagen geben. Besonders hervorzuheben ist aber, dass der Wegfall von Ausschluss-Beschränkungen (410/417, 401/404) einen Effekt hat, der das Ausmaß der Steigerungsbeschränkung deutlich übersteigen wird.
Der Deutsche Ärztetag hat zwar das absolute Verbot der Suizidassistenz/Sterbehilfe in Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgehoben, aber auch in einer starken Stellungnahme klargestellt, dass Sterbehilfe keine ärztliche Aufgabe ist. Danke! Die Einführung der Infektiologie als 9. Schwerpunktes der Inneren Medizin würdigt zurecht die Leistungen und die Bedeutung des Faches. Wenn dies der Forschung hilft ist es gut. Als Generalisten wünschen wir uns die Infektiologie natürlich mehr in die Breite getragen und freuen uns, dass die Zusatzweiterbildung Infektiologie für alle Fächer erhalten bleibt. Eine Weiterbildungsordnung muss noch entwickelt werden. Der Tätigkeitsschwerpunkt dürfte eher nicht in der Niederlassung liegen.
Das TSVG hat nach einem Jahr seit Inkrafttreten seine Wirkungslosigkeit belegt. Viel Abrechungsaufwand und Bürokratie, aber keine schnellere Vermittlung. Eine Totgeburt unseres Ankündigungsministers Spahn. Positive Effekte der Entbudgetierung durch das TSVG sind für unsere Fachgruppe durch die gleichzeitige Abwertung der technischen Leitungen der EBM-Reform kaum realisierbar.
Mit internistischen Grüßen,
Dr. med. Andreas Buck